...nein liebe Freunde der Bier-Kultur! Pichen hat nix mit Picheln zu tun, wie ich mir auch erst vom Braumeister meines Vertrauens erklären lassen musste! Vom Pichen spricht man, wenn man ein Holzfass mit Pech versiegelt.

"Frisch gepicht - ein Gedicht!" - so hieß es früher. Durch das frisch aufgetragene Pech kamen die Holzaromen durch und gaben dem Bier einen unverwechselbaren "Barrique"- Geschmack, den man ja eigentlich eher von besseren Rotweinen kennt. Ja, richtig gehört, manche unter uns Biertrinkern sollen auch schon einmal ein gutes Glas Wein in Händen gehalten haben ;-).

Bis vor 30 Jahren reifte Bier noch ausschließlich in Holzfässern, doch die Reinigung und Pflege der Fässer war ein echter Knochenjob und extrem zeitaufwändig. Vor dem Abfüllprozess mussten die Fässer regelmäßig geprüft werden, da sich in schadhaften Fässern leicht Bakterien festsetzen konnten, die das Bier verderben ließen. Wurde die Pechschicht in den Fässern rissig, rief das den Braumeister auf den Plan: "Fässer schweißen!!!". Dann wurde die komplette Belegschaft zusammengetrommelt, denn jeder Mann wurde benötigt, um die schwere Arbeit zu verrichten. Die Fässer wurden mit Pech gefüllt, mit einem Korken verschlossen und so lange geschwenkt und gedreht, bis alle Risse geschlossen und das Pech abgekühlt war (so hab ich´s verstanden...). Im Anschluss daran wurden die Fässer (in der "Fasswichs") gereinigt und der Bier-Abfüllprozess konnte von neuem beginnen.

Heutzutage wird das Bier nur noch von wenigen Brauereien aus Traditionsverbundenheit in Holzfässer abgefüllt, unter anderem natürlich in München von der Augustiner Bräu. Edelstahl- oder Aluminiumfässer haben dem Holzfass aber längst den Rang abgelaufen, da diese leichter zu reinigen, zu pflegen und damit auch wesentlich kostengünstiger sind.

Der einzigartige Geschmack des frisch gepichten Fasses blieb aber auch schon damals den Braumeistern und Mitarbeitern vorbehalten. Nur dann, wenn das Bier aus einem ganz frisch gepichten Fass getrunken wurde, schmeckte man die einzigartigen Holzaromen heraus. Bis das Bier zum Ausschank an die Allgemeinheit kam, waren diese Aromastoffe bereits wieder zum großen Teil verflogen. Die Brauer wussten dies natürlich und nach der schweren körperlichen Arbeit beim Pichen wurde zur Belohnung immer auch gerne das frisch gebraute, aromatische Bier verkostet. Sprich es wurde ordentlich gepichelt!

Schade eigentlich, dachte sich ein kreativer Biergartenbetreiber und tüftelte gemeinsam mit befreundeten Braumeistern an seiner genialen Idee! Warum sollte eigentlich nur guter Wein von der Barrique-Lagerung und der damit verbundenen Erweiterung des Aromaspektrums durch Holz-Komponenten wie Vanillin profitieren können und warum sollte man den Geschmack nicht auch ohne das pichen gewinnen und vor allem erhalten können.

Und jetzt kommt´s! Seit Anfang des Jahres erlebt das "barrique" gereifte Bier seine Renaissance - ganz ohne pichen. Die ersten Tests mit Bier und Holz wurden bereits im Januar durchgeführt und stießen auf große Zustimmung bei Ideengeber und Brauern. Im nächsten Schritt wurden die Fässer bestellt, mit einer neuartigen Verschraubung versehen und mit Bier gefüllt. Ein pichen der Fässer war bei der angewandten Methode nicht nötig. Der Verlauf der Reifung wurde wöchentlich von den Braumeistern kontrolliert und probiert.

Bei einer Verkostung, am 16. April 2012, wurde dann festgestellt, dass der richtige Zeitpunkt gekommen war um das Bier zu füllen. Die Auslieferung an den Biergarten unseres Mitglieds Thomas Aurich erfolgte am 20. April 2012. Der Fassanstich wurde am 29. April 2012 um 11.30 Uhr im Biergarten Food Court durchgeführt und das edle Bier fand reißenden Absatz unter den anwesenden Biergartenbesuchern, die allesamt vom Geschmack beeindruckt, ja sogar begeistert waren.

Aber wo in Bayern um Himmels willen wird dieses neue Luxus Bier gebraut und wo in Bayern wird dieser "Feinschmecker-Saft" ausgeschenkt?

Das feine, nicht gepichte Barrique-Bier wird in der Brauerei der Palmbräu, Eppingen, gebraut und gelagert. Ausgeschenkt wurde es jetzt erstmalig im Biergarten Food Court von Thomas Aurich in Heilbronn am Neckar!

Baden-Württemberg!!! Gut, für einen echten Bayern ist das natürlich ein echter Skandal – aber versuchen werd ich´s trotzdem mal! Kann doch nicht schaden, wenn man mal über den Tellerrand hinausschaut...

Eure Biergartenfreunde-Redaktion